Nachhaltigkeit pragmatisch gedacht – Elektrisola über ESG, Kundenanforderungen und Kooperation mit dieProjektfabrik

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03.12.2025

Ein Gespräch mit Philipp Duss (Elektrisola), Christian Büchler (diePROJEKTFABRIK) und Sarah Wirth (esg2go)


Sarah Wirth:
Herr Duss, was zeichnet die Elektrisola als Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit aus? Wo sehen Sie Ihre Hebel und wo liegen die grössten Herausforderungen?

Philipp Duss:
Elektrisola ist aufgrund ihrer Produktion ein sehr energieintensives Unternehmen. Wir stellen Lackdraht mit Kupfer, verschiedenen Legierungen und Bimetallen her und das bedeutet: Die Metalle müssen geglüht werden. Dafür betreiben wir zahlreiche Glühöfen, die mit Strom laufen. Das braucht sehr viel Energie. Zudem verwenden wir lösemittelbasierte Lacksysteme, die in Katalysatoren verbrannt werden. Dabei entsteht CO₂.

Wir sind also in vielerlei Hinsicht ein Unternehmen mit relevanten ESG-Themen. Nachhaltigkeit stand bei uns schon früh auf der Agenda. Einerseits weil wir von Behörden verpflichtet wurden, Energieeffizienzprogramme umzusetzen, andererseits, weil es natürlich auch wirtschaftlich Sinn ergibt, Energie zu sparen. Wir gehen das Thema pragmatisch an: Wenn Massnahmen etwas bringen, setzen wir sie um.

Logo Elektrisola

Sarah Wirth:
Wie hat sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit kundenseitig verändert?

Philipp Duss:
In den letzten Jahren hat sich das Verständnis weg von reinen Kostenerwägungen, hin zu einem ganzheitlicheren Nachhaltigkeitsverständnis verändert. Wir wollen nichts um des Greenwashings willen tun, sondern nur Massnahmen umsetzen, die echten Mehrwert schaffen. Auch sind wir hier in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch zuhause; das prägt natürlich. Wenn Kunden zu uns kommen, zeigen wir auch gerne, dass wir in dieser besonderen Umgebung produzieren.

Sarah Wirth:
Wie kam die Zusammenarbeit mit Herrn Büchler von diePROJEKTFABRIK zustande und was war der Kern Ihres gemeinsamen Projekts?

Philipp Duss:
Wir wurden zunehmend mit Kundenanfragen zu unserer Nachhaltigkeitsleistung konfrontiert. Portale wie EcoVadis kamen auf und ich dachte: Das muss doch einfacher gehen. So bin ich auf esg2go und diePROJEKTFABRIK gestossen. Vielleicht hat es eine Rolle gespielt, dass diePROJEKTFABRIK die Firma von meinem ehemaligen Kollegen Raymond Studer ist.

Christian Büchler:
Raymond hat uns angesprochen und wir merkten sofort, dass wir mit Elektrisola auf einer ähnlichen Wellenlänge sind. Uns war wichtig, einen pragmatischen Einstieg für KMU zu finden und das nicht gleich mit der grossen Kelle wie beispielweise bei EcoVadis, sondern schlanker und praxisnah.

Philipp Duss:
Genau. Die Zusammenarbeit war dann sehr unkompliziert, weil wir uns schon kannten. Auslöser waren die Kundenanforderungen. Wir mussten reagieren und suchten einen Ansatz, der für uns machbar ist. esg2go in Kombination mit diePROJEKTFABRIK war da die richtige Lösung.

Portrait Philipp Duss

Philipp Duss – Elektrisola

Sarah Wirth:
Waren das bestehende Kunden oder neue Ausschreibungen?

Philipp Duss:
Meistens bestehende Kunden, vor allem aus der Automobilindustrie, grosse, internationale Unternehmen. Viele von ihnen sind vom deutschen Lieferkettengesetz betroffen.

Die Werke innerhalb der Elektrisola-Gruppe agieren zwar weitgehend autonom, aber die Kunden erwarten ein koordiniertes Vorgehen über alle Standorte hinweg. Das Mutterhaus in Deutschland hat sich da am Anfang eher zurückgehalten, also mussten wir selbst einen Weg finden, diese Anforderungen zu erfüllen.

Sarah Wirth:
Wie haben Ihre Kunden auf das esg2go-Rating reagiert?

Philipp Duss:
Sehr positiv. Rund 90 % unserer Kunden akzeptieren das Rating, wenn wir es ihnen zusammen mit einem Begleitschreiben zur Einordnung schicken. Bei internationalen Konzernen mussten wir anfangs etwas erklären, weil esg2go dort noch weniger bekannt ist, aber das Verständnis wächst.

Nur wenige bestehen auf eigene Fragebögen oder Portale wie etwa SupplierAssurance. Das ist dann aufwändig, weil wir dieselben Fragen nochmals beantworten müssen. Langfristig wäre es spannend, diese Prozesse mit KI zu automatisieren.

Sarah Wirth:
Das ist ein gutes Stichwort, wir arbeiten bei esg2go aktuell selbst an einem KI-Tool, das genau solche Übertragungen zwischen verschiedenen Standards erleichtert. Finden Sie das interessant?

Philipp Duss:
Das wäre grossartig! Ich denke, KI kann hier wirklich helfen. Die Daten liegen schon vor. Es müsste «nur» jemand es schaffen, die Informationen aus esg2go automatisch mit anderen Fragebögen zu verknüpfen.

Sarah Wirth:
Herr Büchler, wie haben Sie die Zusammenarbeit erlebt? Ging es vor allem um die Erfassung des Ist-Zustands oder auch um konkrete Massnahmen?

Christian Büchler:
In diesem Projekt stand der Nachweis gegenüber den Kunden im Vordergrund, also die strukturierte Erfassung der bestehenden Nachhaltigkeitsleistung. Elektrisola hat ja schon vieles umgesetzt, lange bevor das Thema ESG so präsent war.
Das Rating war eine Möglichkeit, das systematisch sichtbar zu machen. Natürlich ergaben sich auch einzelne Inputs für Verbesserungen, aber primär ging es um Transparenz und Nachweisbarkeit.

Sarah Wirth:
Herr Büchler, Sie begleiten viele KMU, wo liegen die grössten Herausforderungen?

Christian Büchler:
Einerseits spüren Unternehmen den Druck aus der Lieferkette, andererseits sind auf der Agenda geopolitische Themen oder wirtschaftliche Unsicherheiten momentan eine Konkurrenz für Nachhaltigkeit.

Wir kommen ursprünglich aus der Energieberatung, daher ist unser Einstieg oft über ökologische Themen und Energieeffizienz. Viele Unternehmen wollen pragmatisch beginnen. esg2go ist da ein idealer Türöffner: niederschwellig, verständlich und mit überschaubarem Aufwand.

Portrait Christian Büchler

Christian Büchler – die Projektfabrik 

Philipp Duss:
Das kann ich bestätigen. Auch bei uns ist das Thema Energie ein zentraler Hebel. Aber gleichzeitig geht es um Glaubwürdigkeit, gerade bei der Rekrutierung. Wir wollen nicht als „schmutziger Industriebetrieb“ wahrgenommen werden, und zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen.

Sarah Wirth:
Herr Duss, was ist für Sie der grösste Mehrwert von esg2go?

Philipp Duss:
Ganz klar die Pragmatik. Es ist verständlich, effizient und trotzdem fundiert. Im Gegensatz zu Plattformen wie SupplierAssurance, die viel komplexer sind, ist esg2go handhabbar. Besonders schätze ich den Branchenvergleich und die Möglichkeit, unsere Fortschritte über mehrere Jahre zu verfolgen.

Dass das Rating zudem extern validiert werden kann, schafft zusätzliche Glaubwürdigkeit, auch bei Audits. Unsere Kunden schätzen das sehr.

Christian Büchler:
Und es ist schön zu sehen, wenn sich im Rating bestätigt, was man im Alltag schon spürt, nämlich, dass ein Unternehmen im Branchenvergleich gut dasteht.

Sarah Wirth:
Wie geht es nun weiter bei Ihnen?

Philipp Duss:
Wir planen, das Rating nächstes Jahr mit den Zahlen von 2025 erneut durchzuführen. Parallel überlegen wir, wie wir KI einsetzen können, um repetitive Kundenfragebögen automatisch auszufüllen. Vielleicht können wir das gemeinsam mit esg2go weiterentwickeln.

Sarah Wirth:
Das wäre sicher spannend, wir arbeiten ebenfalls daran, genau diese Schnittstellen zu erleichtern, damit nicht jeder Kunde ein eigenes Format verlangt. Fürs GRI-Reporting sind wir offiziell lizenziert und für CSRD-kompatible VSME ESRS Reporting werden wir gelistet.

Christian Büchler:
Und wir werden das Thema in unserer Arbeit weiter vorantreiben. Die positiven Erfahrungen mit Elektrisola zeigen, dass sich viele KMU für einen solchen Einstieg begeistern lassen. Da gibt es noch viel zu tun und viel Potenzial.

Sarah Wirth:
Vielen Dank Ihnen beiden für das Gespräch und die spannenden Einblicke!